| Einmal Shanghai und zurück |
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Freitag, 30. Mai 2014
Sagenhaftes zum Drachenbootfest
china girl, 22:26h
Nachdem wir heute die ersten vier Abiturienten der Pudonger Schule bei einer schicken Feier im Garten des deutschen Konsuls mit viel Trara und zu wenigen Häppchen verabschiedet hatten, machte ich mich hungrig auf den Weg zu Mandarin Yard. Jenny hatte die Schüler ihrer Sprachschule eingeladen, mit den Lehrern Zongzi zu machen, eine Spezialität, die in Südchina zum Drachenbootfest, das neben dem Chinesischen Neujahr und dem Mondfest ein wichtiges Familienfest darstellt, verspeist wird. Die schönsten Zongzi wurden natürlich gebührend gewürdigt, mit zahlreichen "hěn piàoliang"-Ausrufen ("Wie wunderschön!") und - sehr wichtig - Beweisfotos, die Jane nach chinesischer Manier zu zwei romantischen Fotocollagen zusammengestellt hat:
![]() Und damit kann ich euch auch endlich zwei sehr wichtige Personen aus meinem Shanghaier Leben vorstellen: Jenny, von der ihr schon mehrfach gehört habt, seht ihr zum Beispiel im rechten oberen Bild der zweiten Collage, besonders stolz, mit Hilfe einer neuen Technik auch einmal ein Zongzi hergestellt zu haben, das tatsächlich dreieckig ist. Jane, meine sehr geduldige und handfertige Chinesischlehrerin, ist mit mir zusammen unten rechts abgebildet. Meine liebenswerte Mitschülerin Simone war leider nicht da, weil sie wie immer arbeiten musste. (Die Arme rackert hier nämlich an sieben Tagen in der Woche, stellt euch vor!) Aber wie, wolltet ihr schon immer wissen, werden Zongzi eigentlich gemacht? Zunächst einmal wird ungekochter Klebreis wie in Südchina üblich mit süßer Bohnenpaste oder Datteln (im Norden mit Fleisch) in eingeschlagene Bambusblätter gefüllt. Dann werden diese um den Reis gewickelt, sodass eine dreieckige Tasche entsteht, und mit einem Faden verschnürt. Da niemand vorher so recht schon einmal Reistaschen selbstgemacht hatte, waren sich die Lehrer bezüglich der richtigen Technik nicht ganz sicher. Auch die angegebene Kochzeit schwankte zwischen 20 und 60 Minuten. Dass Jenny, wie sie behauptete, es riechen könne, wenn die Zongzi optimal gekocht seien, stellte sich zwar als falsch heraus, ich finde aber, dass sich das Ergebnis trotzdem sehen lassen kann: ![]() Zongzi zum Drachenbootfest Damit die Schüler auch kulturell etwas lernen, hatte Jenny dann zwei Zettel aufgehängt, auf welchen die Legende um Qu Yuan abgedruckt war. Der Dichter (ca. 340 v. Chr. - 278 v. Chr.) soll für seine politische Haltung bestraft worden sein und sich nach einigen Jahren im Exil im Fluss Miluo Jiang in Nordost-Hunan ertränkt haben. Um die Fische davon abzuhalten, die Leiche zu fressen, warfen eifrige Helfer von ihren Booten Reistaschen in den Fluss. Ich frage mich zwar, welcher kannibalische Fisch sich mit ein wenig Klebreis zum Vegetarier machen lässt, und wie die Legende nun symbolisch zu verstehen ist, denn einen Leichnam zu retten ist für mich wenig heldenhaft, freue mich aber natürlich über den Feiertag am Montag, an dem ich vielleicht sogar in den Genuss eines Drachenbootwettrennens kommen werde. Sicher werde ich dann, wie Jenny am Ende vorschlug, im Sommer in Berlin auf die Jagd nach Bambusblättern gehen, um auch euch eine kleine Freude zu bereiten - keine Sorge, es wird bestimmt keine Bohnenbreifüllung geben! Bis dahin mache ich es mir einmal wieder unter meiner nun kühlenden Klimaanlage bequem und hoffe, dass die Temperaturen bei euch noch nicht auf über 30 Grad Celsius klettern werden! Zhōumò yúkuài! ... link (3 Kommentare) ... comment Mittwoch, 21. Mai 2014
Warum nur der Wankelmut?
china girl, 16:41h
![]() Ihr wundert euch, dass ich schon wieder einen Blogeintrag geschrieben habe, und fragt euch langsam, ob ich überhaupt noch etwas anderes mache, als alle meine Gedanken für euch in schriftliche Form zu pressen? Ich kann euch beruhigen, ja, ich mache sogar mehr als jemals zuvor, lerne ein wenig Chinesisch, gehe trotz minderer Begabung regelmäßig zum Yoga, aber weil man vor Überraschungen der zeitaufwendigen Art hier ja nie gefeit ist, gibt es immer etwas Neues zu berichten. Und da Putin an diesem Mittwoch zur "Sicherheitskonferenz über Interaktion und vertrauensbildende Maßnahmen in Asien" (CICA) in Shanghai residiert, um sich mit einem roten Schleifchen schmücken zu lassen, bleibt die Schule geschlossen und habe ich ein wenig Zeit, euch von den Ereignissen der letzten Wochen zu berichten, die mich in helle Aufregung versetzten. Es begann ganz harmlos damit, dass ich vor einem Monat in meiner Wohnung wieder einmal kein Internet mehr hatte und mich nach langer Zeit bei meinem Makler Noel meldete. Dabei brachte ich nicht nur in Erfahrung, dass ich vergessen hatte, eine Telefonrechnung zu bezahlen, sondern auch, dass meine Vermieter planten, meine Wohnung zu veräußern und jeden Sonntag Kaufinteressenten durch meine privaten Gemächer zu führen. Da ich zwischenzeitlich nicht auf dem Handy erreichbar gewesen war, hatte Noel diesen Wunsch zunächst zurückweisen können, wofür ich ihm im Nachhinein sehr dankbar war. Nach wenigen Tagen Bedenkzeit hatte ich mich immer noch nicht mit der Aussicht, jeden Sonntag aufräumen zu müssen, um regelmäßig reiche Wohnungsinteressenten mit meinem schönsten "Expat"-Lächeln begrüßen zu können, angefreundet, weshalb ich mich dafür entschied, in den sauren Apfel zu beißen und schon jetzt nach einer neuen Bleibe Ausschau zu halten. ![]() Meine erste Anlaufstelle war wie gewöhnlich Noel, der mir prompt eine etwa 35 qm große Wohnung in meinem Kiez zeigte, die 15000 Yuan (etwa 1750 Euro!) kosten sollte, natürlich auf Verhandlungsbasis. Zwar war die Wohnung selbst superschick, doch konnte ich einfach nicht glauben, dass man für mein Budget von 9500 Yuan (circa 1100 Euro) nicht etwas Größeres finden konnte, auch wenn Shanghai seit Neuestem zu den 10 teuersten Städten der Welt zählt und sogar New York den Rang strittig macht. Als ich Noel meine Zweifel mitteilte, begann er zu jammern, dass mein Budget viel zu niedrig sei, und bestätigte damit meine Annahme, ihm nicht wirklich vertrauen zu können, man hatte schließlich schon hier und dort von den Machenschaften der Immobilienhaie gehört, und ich machte mich auf die Suche nach einem neuen Makler. Ich wurde schnell fündig. Simone, meine Mitschülerin, empfahl mir Angela, die sich als wahrer Glücksgriff erwies. Letzten Freitag setzte sie mich auf ihren Elektroroller und wir machten uns über die Bürgersteige der Nachbarschaft auf den Weg zu sämtlichen Wohnungen, die sie spontan aufgetrieben hatte. Es war dann auch eine dabei, die tatsächlich größer war als die anderen und in einem chinesischen Compound gelegen war (so nennt man die Hochhäuser hier), aber mit 12000 Yuan noch deutlich über meinem Budget war. Angela ging also in Verhandlung mit dem Vermieter und ich kontaktierte sicherheitshalber schon Noel, um nach dem Brief meiner Vermieter zu fragen, in dem sie mir den vorzeitigen Auszug auch schriftlich genehmigten. Doch was musste ich da erfahren? Plötzlich sollte ich, statt wie angekündigt eine Monatsmiete für meinen frühzeitigen Auszug zusätzlich zu erhalten, 1500 Yuan dafür zahlen, dass meine Vermieter, angeblich um mir das Leben zu erleichtern, bereits eine Rechnung für die kommenden drei Monate an die Schule geschickt hatten. Wütend machte ich mich also auf den Weg zu Kai, den zuständigen Sachbearbeiter in meiner Schule, der mir erklärte, dass diese Forderung insofern ihre Berechtigung habe, als dass Eigentümer in China bei der Rechnungsstellung immer 5% der Miete an das Finanzamt abgeben müssten. In der Zwischenzeit hatte ich bereits die ernüchternde Nachricht erhalten, dass die schöne Wohnung an einen Höherbietenden vermietet worden und die ganze Aufregung umsonst gewesen war. ![]() Im chinesischen Yogastudio in der Maoming Lu Im Nachhinein wundere ich mich schon, wie schnell ich mich von Makler und Vermieter betrogen gefühlt hatte. Führt das Wissen darüber, dass alles verhandelbar ist und die Mieten hier immer weiter in die Höhe getrieben werden, dazu, dass ich hinter allem gleich üble Machenschaften vermute? Wie kann man als Ausländer in solch einem System überhaupt jemandem auch nur ansatzweise vertrauen? Wahrscheinlich muss ich mich damit abfinden, in China immer als der reiche "Expat" betrachtet zu werden, der für das meiste einfach mehr zahlen muss als der durchschnittliche Chinese. Auch sollte ich mich endlich daran gewöhnen, dass Entscheidungen hier selten so endgültig sind, wie sie scheinen, und wie ein echter Yogi die Dinge entspannter sehen. Ich muss definitiv noch ein bisschen üben! Von meiner Couch aus, die mir für die nächsten drei Monate vorerst wohl noch sicher sein wird, wünsche ich euch ein wunderschönes, sonniges Wochenende ganz ohne chinesischen Wankelmut und sage ein weiteres Mal "Zàijiàn"! ... link (0 Kommentare) ... comment Mittwoch, 14. Mai 2014
Traumhaft Buntes, Hohes und Leckeres in der südchinesischen Provinz Yunnan
china girl, 22:00h
Seid gegrüßt, liebe Chinafreunde,
wieder einmal melde ich mich zurück mit einem Reisebericht der besonderen Art, denn in diesen Osterferien durften Vincent und ich auf Rucksacktour durch den schönen Yunnan im Süden Chinas gehen, der die meisten Minoritätengruppen hier beheimatet. Dabei ließen wir uns, wie es sich für abenteuerliche Backpacker gehört, eher mehr als weniger vom Zufall leiten. Insgesamt legten wir auf unserer Reise dann unerwartete 1300 km zurück und konnten wir etwa 25 Stunden lang den abwechslungsreichen Ausblick von unseren Busplätzen aus bewundern. ![]() Reise von Zentralyunnan nach Norden: Kunming - Dali - Lijiang - Tigersprungschlucht - Shangri-La, Rückreise: Shangri-La - Baisha (Dorf bei Lijiang) - Kunming Ihr werdet nicht sonderlich erstaunt sein zu erfahren, dass der Auftakt nicht ganz so harmonisch verlief wie erwartet - kommen wir also zu Zufall Nummer eins. Zwar wurde ich ganz im Sinne der chinesischen Servicekultur sechs Wochen im Voraus telefonisch davon unterrichtet, dass unser Flugzeug fünf Minuten später abfliegen würde als geplant, dass wir dann aber tatsächlich acht Stunden darauf warten müssten, darüber hat uns vor und während der Wartezeit niemand so recht informiert. Denken konnten wir uns das spätestens dann, als wir mit dem Bus vom Shanghaier Flughafen in ein in halbstündiger Entfernung gelegenes Hotel abtransportiert wurden und dort ein Zimmer zugeteilt bekamen. Zum Glück war dieser Start schnell vergessen, als wir abends in der Provinzhauptstadt Kunming landeten und müde ins Bett des chinesischsten aller unserer Hotels fielen, spätestens aber dann, als wir am nächsten Morgen das für meinen Geschmack einfach tolle chinesische Frühstück mit Nudelsuppe, Baozi (Hefeklößen mit Fleisch oder Gemüse), Gemüsereis, Eiern und Obst genossen. Bald danach schon waren wir mit dem Bus wieder unterwegs ins beschauliche Dali, und die nächsten Überraschungen ließen selbstverständlich nicht lange auf sich warten. ![]() Karaoke, hier als KTV bekannt, gibts auch in Dali Unseren Reisegewohnheiten kam es sehr entgegen, dass man sämtliche Busfahrkarten frühestens eine Stunde vor Abfahrt erst erstehen konnte. Insgeheim war ich sehr erheitert darüber, dass sich der vor Kurzem begonnene Chinesischkurs am Schalter gleich auszahlte, denn ich erstand tatsächlich Tickets für den richtigen Bus, und als uns zwei Touristen herzlich begrüßten und hinter uns Platz nahmen, war ich nicht nur überzeugt von den Chinesischkompetenzen der Menschen im Yunnan, sondern auch von ihrer Freundlichkeit. Daran änderte auch der Umstand nichts, dass es sich bei einer von den beiden Touristen um eine Kollegin aus dem Kindergarten handelte, die ich schlicht nicht erkannt hatte. Glücklicherweise interpretierte ich es auch am Abend dann nicht als schlechtes Omen, dass uns auf einer Straße in Dali der stellvertretende Schulleiter und seine Frau entgegenkamen, denn damit hatten wir die zufälligen Treffen mit Schulbekanntschaften in diesem Urlaub hinter uns gebracht. Wir befanden uns einfach auf einer unter chinesischen wie westlichen Chinatouristen sehr beliebten und klassischen Reiseroute, sodass Begegnungen mit anderen Lehrkräften vorprogrammiert, wenn auch nicht vorgesehen waren. ![]() Stand auf dem wirklich riesigen Markt zu Fuße des Cangshan-Berges von Dali Zunächst ließen wir es uns also im zwar touristischen, aber wirklich schönen Dali gefallen, in dem wir dank des Tipps von Bianca, meiner Kollegin, nicht ganz so zufällig ein traumhaftes, im Stil der Bai-Minorität gehaltenes Hostel bewohnten. Zwar gehörte die Wanderung am Cangshan, bei der die Suche nach der Seilbahn länger dauerte als die Bewältigung des gepflasterten Weges selbst, nicht zu den Höhepunkten dieses Urlaubs, aber es ist doch immer besser, klein anzufangen. Trotz meiner anfänglichen Vorbehalte, vor allem die fehlende Rücktrittbremse betreffend, war ich auf unserer Radtour zum Erhai-See schnell bezaubert von der die Stadt umgebenden Landschaft und den niedlichen Dörfern. Schließlich konnte uns nach dem Bergspaziergang und dem reichlich guten, aber wie im Yunnan üblich sehr öligen Essen auch ein bisschen Sport nicht schaden. ![]() Um einen besseren Eindruck von der Umgebung Dalis zu bekommen, sei euch ein Blick in den Bildordner empfohlen Zu einem von Vincents Lieblingsplätzen in Dali gehörte sicherlich der Platz vor dem Filmmuseum der Stadt, auf dem jeden Abend ein Film gezeigt wurde, zu welchem Anlass sich die Einheimischen es sich dort auf kleinen Sitzbänken gemütlich machten. Zu meinem Leidwesen war Vincent trotz uns um die Ohren wehender Plastiktüten (nach Umweltschutz steht dem Chinesen wohl selbst in Urlaubsregionen nicht der Sinn) nur schwer dazu zu bewegen, den chinesischen Kriegsfilm, der mit winzigen englischen Untertiteln gezeigt wurde, nicht bis zum bitteren Ende anzusehen. Vor Einbruch der Dunkelheit wurde auf dem Platz natürlich getanzt - wie in Shanghai auch von weiblichen, wenn auch nicht durchweg begabten Akteuren. ![]() Platz vor dem Filmmuseum in Dali Viel zu schnell befanden wir uns wieder auf der Weiterreise, dieses Mal organisiert von dem sehr charmanten Hostelpersonal. Auf der Fahrt lernten wir glücklicherweise Lucy und Rob kennen, die uns in Lijiang ein Stück des Weges mitnahmen und einen Ortskundigen organisierten, der uns den sehr komplizierten, weil durch etliche enge Gassen führenden Weg wies. Überraschenderweise waren wir sehr schnell genervt von der eigentlich sehr beschaulichen Altstadt Lijiangs, von der so viele Chinesen als der Stadt der Liebe schwärmen, denn nicht nur, dass unser Hostel eine einzige Baustelle (mit sehr freundlichem Personal) war, man kam sich überall vor wie in einem Vergnügungspark für Touristen. Die vielen kleinen Läden boten bei immer gleicher musikalischer Untermalung alle dieselben Waren an. Kaum wog man sich des einen chinesischen Liedes entkommen, hörte man es drei Häuser weiter direkt wieder, vermischt mit der Trommelei, der man auch eine Ecke zuvor gerade entflohen war. Da half dann auch die inszeniert traditionelle Tanzeinlage auf dem Hauptplatz der Stadt nicht mehr, wohl aber das Bier mit unseren beiden Helfern beim abendlichen Essen. Zum Glück waren meine Chinesischkenntnisse noch nicht so weit fortgeschritten, dass ich die in unserem Reiseführer beschriebenen Schilder vor den Restaurants, die japanischen Reisenden angeblich den Zutritt verbieten, um mehr chinesische Touristen anzulocken, hätte lesen können, und so hatte der viel zu spät begonnene Chinesischkurs doch sein Gutes. ![]() Unterhaltungsprogramm für Touristen in Lijiang Ihr könnt euch sicher vorstellen, dass wir diesem Trubel wenig nachtrauerten, als wir uns nach einem Tag wieder im Bus befanden, dieses Mal auf dem Weg zur Tigersprungschlucht, die in zweistündiger Entfernung von Lijiang liegt. Ein wenig bange war mir schon zu Mute vor der Wanderung durch die Gebirgskette, von der eine Freundin aus der Schule mir schon berichtet hatte. Schließlich hatten wir uns vorgenommen, nicht wie die allermeisten chinesischen Touristen den geteerten Weg durchs Tal zu nehmen, sondern den höher gelegenen Wanderweg, für dessen Bewältigung etwa 8 bis 10 Stunden veranschlagt wurden. Ich finde aber, ich verbarg meine Bedenken recht erfolgreich. ![]() Hoch motivierte Wanderer - nur einer mit Rucksack Nur von Glück kann ich sagen, dass Vincent so sportlich ist und den Rucksack für mich durch die komplette Schlucht hindurch trug, denn andernfalls wäre dieses Vorhaben sicher zum Scheitern verdammt gewesen. So zweifelte ich nur zwei Mal ernsthaft an mir, beim Besteigen der "28", als mir der Schweiß trotz Schleichgeschwindigkeit in meinen Sonnenschutz zu tropfen begann, und als wir auf dem Weg einer einsamen chinesischen Wanderin begegneten, die die Tour leichtfüßig mit einer Plastiktüte in der Hand und in Sandalen bewältigte. Erfreulicherweise lenkte mich das Gespräch mit ihr so sehr von meinen Zweifeln ab, dass ich dann von mir fast unbemerkt das "Half-Way" erreichte, das nicht wirklich auf halber Strecke lag, aber uns eine Schlafgelegenheit mit ungewöhnlichem Ausblick bot. ![]() Ausblick von der Terrasse unseres Hostels in der Tigersprungschlucht Bis hierher war unsere Reiseroute zumindest mir recht klar gewesen, ein Unsicherheitsfaktor stellte nun die Weiterfahrt nach Shangri-La (ursprünglich Zhongdian) dar. Ich hatte sehr unterschiedliche Meinungen zu dieser nach einem Roman James Hiltons benannten Stadt im Norden Yunnans gehört, und dass die Altstadt zu Beginn des Jahres zu 70% abgebrannt war, klang nicht gerade vielversprechend. Nichtsdestotrotz saßen wir bald im Bus Richtung Norden, bereit dazu, uns ein weiteres Mal einfach überraschen zu lassen. Der tibetanische Flair der Gegend um Shangri-La, der in der Tat etwas Mystisches, wenn auch wenig Utopisches hatte, vermochte es schließlich schnell, uns unsere Vorurteile zu nehmen. Selbst die uns überraschende Kälte konnte dem nichts anhaben, wie paradiesisch schön es war, nach dem Aufwachen in unserem Hostel auf dem Land über die weite Steppe zu blicken und den Yaks beim Grasen zuzusehen. Trotz der Höhe der Stadt auf über 3000 Metern über dem Meeresspiegel trauten wir uns, im Gegensatz zu manch anderer Familie aus meiner Schule, dann sogar ohne Gasmasken aus dem Haus, obgleich es ungemein schwerer fiel, die vielen Treppen des größten Klosters in Shangri-La zu erklimmen. Natürlich wurde unsere Mühe aber reichlich entlohnt. ![]() Das Sumtsaling-Kloster in Shangri-La Von unserer Rückreise ist relativ schnell berichtet. Mit Bus und Nachtzug, einen Abstecher in das beschauliche Dorf Baisha bei Lijiang machend, kehrten wir zwei Tage später wieder in die Hauptstadt Kunming zurück. Dort endete die Reise, wie sie begonnen hatte, zufällig im Zimmer 409 mit einem deftigen chinesischen Frühstück. Zwar stellte uns die Frühlingsstadt zum Schluss noch einmal gehörig auf die Probe, indem sie Vincents heiß ersehnten Ausflug in den Steinwald Shilin wahrhaft in die Fluten stürzen ließ, konnte dann aber mit Hilfe ihrer Märkte, Seen und unglaublich netten Einwohner, deren mangelnder Orientierungssinn mich zu diesem Zeitpunkt der Reise nicht mehr überraschen konnte, wieder Frieden zwischen den Reisenden stiften. ![]() Ein einsames Yak in Baisha nahe Lijiang Auch wenn es trotz fleißig gepaukten Reisevokabulars nicht immer ganz einfach gewesen war, den einen oder anderen Bus ausfindig zu machen (die Antworten konnte ich schließlich nicht vorab auswendig lernen), bestiegen Vincent und ich am Ende pünktlich unseren Flieger gen Shanghai, stolz und glücklich, eine solch entfernte Region der Erde ohne Reiseführer erkundet zu haben. Meine nächste Expedition wird mich erst einmal wieder zurück in die Heimat führen, und ich freue mich schon jetzt riesig darauf, euch alle bald wieder mit einem wenig exotischen "Hallo" begrüßen zu dürfen! ... link (0 Kommentare) ... comment ... older stories
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Online seit 4512 Tagen
Letzte Aktualisierung: 2015.08.12, 02:06 status
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