Einmal Shanghai und zurück
Samstag, 27. Juni 2015
Man soll Abschiede so feiern, wie sie kommen
Was für eine turbulente Woche war das doch! Nachdem ich mit Kelly übers Wochenende in einem Fünf-Sterne-Hotel in Nanjing residiert, dort die teuerste Taxifahrt meiner Zeit hier in China gemacht und die schlechteste Massage meines Lebens bekommen hatte, fühlte ich mich gestärkt für diese letzte Schulwoche, die gespickt war mit Konferenzen und Verabschiedungen.

Mit Kelly
Mit Kelly in Nanjing

Der Exkursionstag am Mittwoch hatte es dann schon unerwartet in sich: Da es sich als unmöglich herausgestellt hatte, im Voraus einen Führer für das Natural History Museum zu bestellen, begab sich Louis glücklicherweise viel zu früh am Morgen an den Schalter im Jing'an Sculpture Park, um nach einstündiger Wartezeit in der Schlange vor dem noch ungeöffneten Museum die Kartenverkäuferin davon zu überzeugen, ihr die Schülertickets auch ohne Schülerausweise zu verkaufen. Nachdem wir die Kinder endlich eingeschleust und eine Beschwerde gegen die Schalterdame eingereicht hatten, machten wir uns selbst auf den Weg durch das gut besuchte neue Museum, in dem die Tiere aller Zeitalter nicht ganz bunt durchmischt, sondern dann doch nach Farben geordnet nebeneinander standen. Die Betreuer kamen schnell zu dem Schluss, dass man hier nichts lernen konnte, und verzogen sich in das Café des Museums. Besonders beliebt bei der Lehrerin war das anschließende Picknick auf dem Fußboden des Klassenzimmers (statt im Park, denn eigentlich hatte es schon seit Tagen regnen sollen), bei dem sie die Kunst des Rollenspiels "Werwolf" erlernte und ein paar schöne letzte Stunden mit ihrer Herzensklasse verbringen konnte, die von dem Tag lange nicht so begeistert war wie sie selbst. Aber was tut man nicht alles für seine Lehrer?


Mit Urte, Trainer Chris und Mali

Auf der Abschiedsfeier am Donnerstag, vor der es mir schon lange gegraust hatte, wurde ich von Bühnengängen und Abschiedsreden weitgehend verschont. Stattdessen bekam ich von der Lehrerschaft ein von der lieben Franziska gedichtetes deutsch-französisches Liedchen vorgesungen und konnte ich eine letzte Foto- und Tanzsitzung mit meinen Lieblingskollegen einlegen. Traurig wurde es dann am gestrigen Tag, als die Schülerschaft das wunderschöne Abschiedslied sang und dann doch die Tränen nicht mehr zurückzuhalten waren. Aller Abschied ist eben schwer, wenn man eine schöne Zeit miteinander verbracht hat. Mit vielen wundervollen Geschenken und lieben Abschiedsbriefen unter dem Arm machte ich mich schließlich auf eine verregnete letzte Heimreise. Ach, nett war's in Pudong!

Noch liegen die Briefe ungeöffnet auf meinem Tisch, schon steht der Rucksack gepackt in der Ecke, bereit für die anstehende Japanreise. Ein paar Stunden bleiben mir noch, und so versuche ich, die Wehmut beiseite zu schieben und durch die Vorfreude zu ersetzen. Ganz gelingt es mir noch nicht, und ich hoffe inständig, einige der hier ganz lieb gewonnenen Kollegen auch in Deutschland treffen zu können. Denn wie im Deutschen heißt 再见 Zàijiàn ja "Auf Wiedersehen"!

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Sonntag, 16. November 2014
Ein Klassenfahrtsmärchen
Es war einmal eine kleine Lehrerin, die mit ihren verwöhnten Schützlingen und denen ihrer Kollegin, aufgrund einer kursierenden Lungenentzündung gerade abtrünnig, einmal wieder auf Klassenfahrt in der großen Volksrepublik China gehen sollte. Ihre Trauer darüber unterdrückend, dass sie dieses Ereignis so lange in die hinterste Kammer ihres Bewusstseins verschoben hatte, dass ihr Freund und Partner nun fünf Tage seines Besuches in Shanghai alleine verbringen musste, machte sie sich sodann mit 26 pubertierenden Kindern und zwei weiteren Lehrern auf die Reise, gespannt, was sie auf der buddhistischen Insel Putuoshan in der Nähe Shanghais zu erwarten hatte.

Ganz einfach war sie nicht, die Reise in diese militärische Inselzone des Landes: Beladen mit sämtlichen persönlichen Dokumenten der Schüler überquerte die Gruppe zunächst die längste Brücke Chinas und bestieg dann ein kleines Schnellboot, nur mühsam das Reisegepäck zwischen den zahlreichen anderen Fahrgästen verstauend, um, sieben Stunden nach Abfahrt, auf der 12,5 Quadratkilometer großen Märcheninsel einzutreffen, die den Gästen mit allerlei Überraschendem aufwartete: der wohl berühmtesten und größten Bodhisattva-Statue Chinas, einer Reihe wunderschöner Tempel, einem strahlend weißen Sandstrand und den nettesten Mönchen, die sich die Besucher bislang hatten vorstellen können. Den kleinen Talisman, den die Lehrerin von ihnen geschenkt bekam, verstaute sie sorgfältig in einem sicheren Fach ihres Geldbeutels – schließlich wollte sie ihr Schicksal nicht leichtsinnig herausfordern. Am Abend vermochten es dann weder die Beschwerden der Hotelgäste über den herrschenden Lärmpegel noch die Gerüchte um einen umhergehenden Zahnbürstenmörder die gute Stimmung der Lehrer zu brechen. Selbst in dem Symbol der überall befindlichen Swastika sahen sie dank John, ihrem klugen und gut organisierten Reiseleiter, nun nicht mehr nur das Hakenkreuz, sondern die Sonne und Unendlichkeit des Universums.



Schon am nächsten Tag schien das Märchen zu Ende, denn sie mussten aufbrechen zur deutlich größeren und weniger schönen Nachbarinsel Zhujiajian. Einzig der höher gelegene Balkon des netten Praktikanten Henning, selbstverständlich mit Meerblick, und das Bedürfnis der Kinder nach Freizeit konnten die Lehrkräfte über das triste Hotel und den wenig bezückenden Strand hinwegtrösten. Während der Zahnbürstenmörder also weiter sein Unwesen trieb, saßen die Lehrkräfte mit einem kalten Bier auf eben diesem Balkon und genossen den wohl verdienten, wenn auch stets zu kurzen Feierabend.



Eines Tages nun waren die Schüler in eine örtliche Schule geladen, die der Sohn des Reiseführers früher besucht hatte, und sogleich überwältigt vom Empfang: Am Tor begrüßten sie feierlich Schulleiter und Stellvertreter, ein Trupp Schüler stand für den Rundgang und Fotografien bereit, wenige Auserwählte, mit Mikrophonen ausgestattet einen englischen Einführungstext vortragend, geleiteten die unartigen und schlecht gekleideten Gäste würdevoll durch das Schulgebäude. In der Aula der Schule wurden die Besucher dann schnell auf die Ehrenplätze verwiesen und mit allerlei Vorführungen beglückt: Traditionelle chinesische Instrumente wurden gespielt, eine Teezeremonie veranstaltet, Scherenschnitt, Kalligraphie und das Anfertigen von Knetfiguren demonstriert. Als die verdutzten Besucher sich im Anschluss einen Workshop wählen durften, entschied sich die uns bekannte kleine Lehrerin nach einigem Überlegen, sich dem wohl gefährlichsten und unerzogensten Schüler anzuschließen, die traditionelle Zubereitung von Tee zu erlernen, wobei sie sich dann ungeschickter anstellte als ihr Schützling. Glücklich über die Geduld und Freundlichkeit der Betreuer, den netten Umgang zwischen chinesischen Lehrern und ihren Schützlingen und dass ihr eigener Schüler den Bunsenbrenner für nichts anderes missbraucht hatte als zum Erhitzen des Teewassers, genoss die Lehrerin anschließend den in der Aula gereichten Kuchen, die ausgedehnte Fotositzung auf dem Schulhof und das Fußballspiel gegen die Mannschaft der chinesischen Schule, das für etliche der deutschen Gäste den Höhepunkt der Klassenfahrt darstellte. Dass die ausländischen Gäste gewannen, zeigte am Ende des Tages, wie wenig Dankbarkeit sie doch für den ehrenhaften Empfang übrig hatten.



Am nächsten Morgen kehrten die Besucher nicht ohne Jammern zur frühmorgendlichen Eröffnungsfeier des Sportfestes zurück. Auf der Tribüne wurden die Ehrengäste von den verhältnismäßig wenigen Zuschauern sehr freundlich empfangen, und sie durften in den folgenden zwei Stunden die verschiedenen ethnischen Gruppen Chinas dabei bewundern, wie sie als viele kleine Teile vom Ganzen, halb in traditionelle Kostüme, halb in Jogginganzüge gehüllt, vor ihren Augen vorbeimarschierten, und dem Hissen der chinesischen Flagge zur Nationalhymne zusehen.



Nach diesen beeindruckenden Erlebnissen schlug der Zahnbürstenmörder, seine potentiellen Opfer abgelenkt wissend, erneut zu, dieses Mal selbst vor den Lehrkräften nicht zurückschreckend, sie sogar für seine Zwecke instrumentalisierend. Glücklicherweise erregten diese Ereignisse bei den Schülern mehr Aufmerksamkeit als die rote Liste eines Mitschülers, die ihm Aufschluss darüber gab, welche Klassenkameraden er mit seiner Wasserpistole abzuschießen hatte, weil sie ihn zuvor einmal verletzt hatten. Das Märchen war fast unbemerkt dabei, sich in eine Tragödie zu verwandeln.

Glücklicherweise war der letzte Tag dann schnell angebrochen und die Schüler und ihre überstrapazierten Betreuer bestiegen den Bus, der sie zurück nach Shanghai bringen sollte. Wie freuten sich die Lehrkräfte, wieder in ihr normales Leben zurückzukehren, die Freuden und Sorgen der verwöhnten und verzogenen Kinder schnell vergessend! Und wenn sie nicht gerade auf Klassenfahrt ist, trägt die kleine Lehrerin noch heute den Talisman in ihrer Tasche durch die Straßen Shanghais, darauf hoffend, er möge ihr viel Glück bringen.

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Mittwoch, 15. Oktober 2014
Meine Perlen 珍品
Es ist ja nicht so, dass sie nicht manchmal gehörig genussvoll an meinem Nervenkostüm herumsägen würden, aber selten in meinem noch ausgesprochen kurzen Lehrerdasein ist mir so ein Haufen liebenswerter, lustiger und munterer Schmuckstücke untergekommen! Seht ihr, was ich meine? Hier kommen meine Siebener:



Da Zeit im Moment etwas ist, von dem ich gerne mehr hätte, halte ich mich kurz und sage einfach Tschüss und Zàijiàn!

再见

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Samstag, 13. September 2014
Kinder, Kakerl*** und Klamauk auf dem Kollegiumsausflug zum Taihu-See


Dank der "Zurück zur Natur"-Philosophie des Lehrerbeirats war die diesjährige Kollegiumsfahrt zum Taihu-See ganz und gar nicht so luxuriös wie der Ausflug nach Wuzhen im letzten Jahr, aber nach Überwindung kleinerer Hindernisse wie fehlende Zimmer für sechs Kollegen - mich eingeschlossen - und Kakerlaken in denen der anderen, die zu unerwarteten Spannungen in der Lehrerschaft führten, nicht minder lustig. Glücklicherweise mussten Urte und ich als schon erprobtes Übernachtungsteam unsere Abmachung, der jeweils anderen nichts davon zu sagen, sollte sie eines der widerlichen Viecher im Zimmer entdecken, nicht in die Tat umsetzen. Dass wir von ihrem Anblick verschont blieben, mag auch daran gelegen haben, dass wir dank der späten Zuteilung unseres Zimmers in das oberste Stockwerk eines anderen Gasthauses ziehen mussten, worüber sich besonders die chinesischen Kinder dort freuten, die, wie wild "wàiguórén" (Ausländer) brüllend, die fremdländischen Gäste mit kleineren Anklopfspielchen unterhielten.

Ein wenig Pech mit dem Wetter hatten wir dann auch in diesem Jahr wieder. Bei der Erkundung der Insel im Rahmen einer Schnitzeljagd fiel dann aber dank des Wechsels von Nebel und Regen wenig auf, wie verschmutzt der Taihu-See in der Nähe von Shanghai tatsächlich ist. Wirkliche Motivationsschübe wurden in meiner Gruppe, die sich aufgrund eines missachteten Losverfahrens zusammengefunden hatte, nicht ausgelöst, und dass der "lǐngdǎo" (Führer) Lixin sich die Anleitung nie richtig durchlas, ließ unseren Punktestand bei 0 verweilen. Spaß hatten die meisten von uns dann trotzdem, wenn auch nicht bei der Erfüllung der Aufgaben.



Bei Antritt der langen Rückreise mit Boot und Bus hatten wir es den Deserteuren dann schon fast wieder verziehen, dass sie sich bei der Preisverleihung klammheimlich der Gewinnergruppe angeschlossen (Lixin!!!) oder wie Franziska gar ganz aus dem Staub gemacht hatten, und freuten uns auf eine richtige Dusche und leckeres Essen. Nun hoffe ich, dass euer Wochenende nicht ganz so wild verlaufen ist und ihr heute frisch, fit und frei euren Sonntag genießt!

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Sonntag, 22. Juni 2014
Wer tanzt und singt hier eigentlich nicht?
Kurz vor meiner Reise in die Heimat melde ich mich noch einmal zurück mit der dieses Mal wenig philosophischen, weil eigentlich rhetorischen Frage, warum das Leben nicht nur aus Tanzen und Singen besteht, einer Frage, die mir vor zwei Wochen zwar auch das erste Mal in den Sinn kam, mich seitdem dafür umso brutaler knechtete. Dies ist also die Geschichte, wie ich mich von einer kleinen Durchschnittslehrerin zu einer von der Schulgemeinschaft verstoßenen Philosophin ohne Spezialgebiet wandelte. Ich hoffe, ihr habt ein wenig Zeit mitgebracht.

Es begann mit einer extrem professionellen Aufführung einer von der Schüler-, Lehrer- und Elternschaft, PR, IT, Sponsoren und wer weiß wem getragenen Musicalaufführung der Schule, von der ich selbstverständlich schwer beeindruckt war - beim dritten Zuschauen als arbeitslose Souffleuse (oder auf gut Deutsch "Prompter", mein offizieller Titel), die als solche ein wirklich trostloses Dasein fristete, weil sie sämtliche Wochenendaktivitäten sinnlos vernachlässigte, vielleicht nicht mehr so sehr, aber im Grunde war nicht viel an der Inszenierung auszusetzen. Selbst dass der Dickens'sche Roman abgesehen von den Namen der Figuren aufgrund der mehr als umfangreichen Textkürzungen fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt war, konnte ich nachsehen, schließlich befanden wir uns in einer Schule und produzierten doch keine richtige Kunst. Ich ertappte mich sogar dabei, wirklich stolz die Stimmen meiner kleinen Schützlinge auf der Bühne zu bewundern, wenn auch losgelöst von ihrem körperlichen Einsatz, denn meine Augen waren ja vorbildlich stets auf das Skript gerichtet. Im Nachhinein war mir die Vorstellung dann auch im Vollbildmodus zugänglich, und das sah so aus:

Meine kleine Principessa als Oliver

Natürlich hatte die eigentlich so undankbare Rolle der Souffleuse auch ihre Vorteile, denn mir blieb als Einziger das Fremdschämen beim Auftritt des Schulleiters erspart, der nun wirklich nicht mit schauspielerischem oder gesanglichem Talent ausgestattet ist, und die sehr publikumswirksame Trapeznummer eines Lehrers, der durch die Dachluke auf die Piazza herabgelassen wurde, durfte ich gefühlte 60 Minuten lang betrachten - so lange kam mir das Ganze, die drei Abende zusammengerechnet, dann vor, denn das Soufflieren war hier sogar mehr als sonst, wenn es davon überhaupt noch eine Steigerung gäbe, wirklich überflüssig.

Ein Lehrer der Schule als Fagin

Dass ich mich wie eine Teilnehmerin einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme fühlte, darüber möchte ich mich gar nicht beschweren, wohl aber darüber, welche Folgen diese für die Schule sicherlich sehr öffentlichkeitswirksame Aufführung hatte, denn schnell wurde klar, dass die Schüler nun eigentlich keine Zeit mehr für den Unterricht hatten, wie auch, wenn sie an sechs Abenden in der Woche eine Aufführung zu bewältigen hatten, die bis zehn Uhr dauerte, und sie während der Schulzeit noch intensiv proben mussten. Ich möchte es auch den Eltern gar nicht so sehr zum Vorwurf machen, dass sie ihre Kinder mit den fadenscheinigsten Ausreden vom Unterricht befreiten, nur damit sie dann am Abend wieder auf der Bühne stehen konnten. Meinen Missmut über die Aussagen der Lehrer allerdings, dass ich nun bitte verständnisvoller sein solle, da die Schüler beim Musical mehr lernten als im Unterricht, konnte ich dann nicht ganz unterdrücken, denn der Lerneffekt schien zu diesem Zeitpunkt darin zu bestehen, wie man sich am besten für den nächsten Tag krank meldete, selbst wenn in der fünften Stunde Klassenarbeiten geschrieben wurden. Anscheinend war ich die Einzige, die in den letzten Wochen ihre Schüler noch beschulte, selbst schuld!

Es dämmerte mir langsam, dass ich den Schulbetrieb hier die ganze Zeit lang falsch verstanden hatte. Nicht dass ihr auf falsche Gedanken kommt, verkappte Künstler sollen hier in Shanghai sicher nicht herangezüchtet werden, vielmehr scheint die Schule der Vorbereitung auf die Öffentlichkeitsarbeit, die Präsenz, die in den Firmenetagen sicherlich erforderlich ist, und der Professionalität im Erfinden von Ausreden zu dienen. Vor diesem Hintergrund war ich dann nicht mehr davon überrascht, dass Schulleiter und Stellvertreter am Ende der mit lustigen Powerpoint-Präsentationen angereicherten Gesamtkonferenz in dieser Woche, bei der von Bildungszielen natürlich nur nebenbei die Rede war, ein trauriges Abschiedslied zum Besten gaben - auch dies natürlich höchst professionell, denn ja, der neue Stellvertreter kann wenigstens singen. Da mich das trotzdem nicht im Geringsten zu rühren vermochte, bin ich halt kein Pudonger, was soll's!

Ohne Inhalte

So tappe ich noch eine Woche lang einsam auf den hübschen Fluren des Schulgebäudes und freue ich mich jeden Tag, dass meine Ferien ein Stückchen näherrücken. Und obwohl ich mich hier zurückhalte beim Singen und Tanzen, werde ich gerne mit euch die Beine schwingen, und glaubt mir, das auch ganz unprätentiös! Holidays rock!

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Samstag, 2. November 2013
Business class trip to Moganshan
Im Himmel(bett) von Wuzhen

Hallo liebe Freunde und Kenner meines Shanghaiblogs,
diese Woche möchte ich euch zu Beginn meines Eintrags in eure eigene Vergangenheit zurückführen. Sicher erinnert ihr euch noch an die eine oder andere Klassenfahrt während eurer Schulzeit. Aber habt ihr damals je einen Ausflug unternommen, auf dem ihr statt in einem Sechsbettzimmer einer billigen Jugendherberge in einem Himmelbett eines Fünf-Sterne-Hotels übernachtet habt? Nein? Habt ihr auch schon in der sechsten Klasse "Wahrheit oder Pflicht" gespielt und, da ihr eure Geheimnisse nicht der halben Schulklasse mitteilen wolltet, alle Mitspieler aus ihrem Froschstadium herausgeküsst? Wieder nein? Wie wäre es dann damit: Erinnert ihr euch statt an Zehn-Gänge-Menüs an exotisches Jugendherbergsessen, bestehend aus bis zur Klebrigkeit weichgekochten Nudeln in Gourmet-Ölsoße, die ihr nach einer 20 km weiten Wanderung hungrig und glücklich verschlangt? Ja? Dann dürftet ihr euch wohl kaum vorstellen können, was ich auf der diesjährigen Fahrt mit den Sechstklässlern erleben sollte.

Hier nun das Reiseprogramm für euch in Kürzestform: Auf dem ersten Stopp unseres Ausflugs, in den nebligen Bambuswäldern von Moganshan, verfielen wir zunächst der Schönheit der chinesischen Natur. Dabei wandelten wir, seit Huangshan völlig unerwartet, auf Waldpfaden und blieben vom chinesischen Touristenbetrieb weitgehend verschont. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie idyllisch ein Urlaub in diesen Bergen gewesen wäre, ganz ohne die 23 lärmenden und sich rangelnden Kinder.

Ausblick aus dem Restaurant des Hotels in Moganshan
Der Ausblick aus dem Restaurant des Drei-Sterne-Hotels

Bei der Wanderung durch die Bambuswälder erwartete mich neben der Notfallbehandlung einzelner Blasen an schlecht bekleideten Füßen und so manch abtrünniger Kinderphantasie auch das für Touristen anschaulich gemachte Dorfleben in China (s. Bilderordner). Im Dorf angekommen, wurden wir von einer Bauernfamilie mit zwölf köstlichen Gerichten herzlich empfangen, durften wir ihre Beete jäten und Klebreisrollen herstellen. Leider konnte sich unser Gastgeber nicht erklären, weshalb von dem Festmahl an jedem Tisch dann umgerechnet nur ein Gericht (und von diesem wiederum die Hälfte von den Lehrern) verzehrt wurde, denn sie waren mit dem Feinschmeckergaumen deutscher Kinder noch nicht vertraut. Auch mit unserer Leistung bei der Herstellung des Klebreises, bei der Reis zu Brei zerkocht und in einem Steinbottich mit einem großen Hammer so lange geschlagen wird, bis er abgekühlt ist, war die Familie nicht ganz zufrieden. Nachdem unser Produkt entsorgt war, übernahmen drei Männer die Arbeit der Kinder, sodass wir am Ende dann doch die leicht salzige, sonst aber geschmacklose Reisspezialität noch probieren konnten. Wenigstens mit unserem Arbeitseifer konnten wir dem chinesischen Gastgeber viel Freude bereiten.

In Schieflage
Auch hier wird es langsam richtig herbstlich

Ein kleiner Exkurs am Rande: Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass das Leben als Vegetarier in China wirklich schwer sein muss. Abgesehen davon, dass Fleisch hier meist billiger ist als Gemüse, oder vielleicht gerade deshalb, findet sich an fast ausnahmslos jedem Tellerpflänzchen auch ein kleines Stückchen Tier. Was für Liebhaber tierischer Produkte ein Traum, wird für den bewussten Esser zur Diätkur. So für meine Kollegin, die von zwölf Gerichten höchstens zwei probieren konnte. Glücklicherweise gehöre ich zur ersten Gruppe und freue ich mich über die vielen Gemüsevariationen, die hier auf den Tisch gezaubert werden!

Reisbauer
Bauer beim Reisrechen auf dem Hof seines Hauses

Aber zurück zur Klassenfahrt. Mit nur einem kleineren, die Reisefirma 100 Euro kostenden Unfall und damit weniger Zwischenfällen als von manchen Schülern antizipiert, denn die Wege von Moganshan sind eher eng für einen großen Reisebus, der sich vor jeder Kurve hupend ankündigen muss, gelangten wir zurück in die touristische Zivilisation. Im Herzen von Wuzhens Weststadt, das ihr schon von meiner Kollegiumsfahrt her kennt, wurde ich das erste Mal Zeuge von der Attraktion europäische Schulklasse: Bei den Workshops, in Restaurants und auf der Straße, immer wieder standen die kleinen Stars im Blitzlichtgewitter, konnten sich mit ihrer Rolle allerdings nicht recht anfreunden. Hier die noch harmlose Variante des chinesischen Voyeurismus':

Chinesische fasziniert von deutschen Touristen
Faszinierte chinesische Touristen, ausnahmsweise ohne Kamera

Gefragt nach dem Highlight der Klassenfahrt, antworteten die Schüler trotz aufwendig organisierter Töpfer-, Batik- und Scherenschnittworkshops einstimmig mit der Halloweenparty. Insgeheim stellte diese die Lehrkräfte, die zwar mit der hessischen Fastnacht aus ihrer Kindheit vertraut sind, Monstermasken und Kunstblut aber nur aus dem Fernsehen kennen, vor besondere Herausforderungen. Nach einer zeitaufwendigen, aber wenig erfolgreichen Suche nach einem roten Lippenstift unter zehn Euro gelang es der einen Lehrkraft immerhin, innerhalb von zehn Minuten ein Ganzkörperkostüm zusammen zu schustern, das die Schülerschaft, deren Verkleidung in liebevoller Handarbeit von so mancher Mutter extra für die Party angefertigt worden war, in ihrer Rezeption spaltete: Manche fragten offen, was denn konkret dargestellt werden solle, andere dagegen sprachen überschwängliche Komplimente aus. Ich bin gespannt, welcher Seite ihr euch wohl zuordnen werdet, und präsentiere euch aufgeregt mein Kostüm:

Halloweenparty
**************** Wer und was bin ich? ****************

Trotz all der fantastischen Orte und Menschen, die wir auf der Klassenfahrt kennenlernen durften, muss ich sagen, schön, wenn auch nicht so exotisch-luxuriös, war es bei uns damals auch! Denn war es in Sechs-Bett- nicht sehr viel lustiger als in Doppelzimmern, in denen selbst die am sorgfältigsten geplante Party wegen eines Klopfens an der Zimmertür aufgedeckt werden kann? Und zum Schluss hätten sich unsere Eltern sicher nicht von den Lehrern mit den Worten, "Der Urlaub sei Ihnen auch gegönnt gewesen!", verabschiedet.

Am Ende möchte ich meinen Blogeintrag nicht mit meinen eigenen, sondern den bescheidenen Worten der perfekt organisierten und sehr geduldigen chinesischen Reiseleiterin Ara, die laut eigener Aussage Kinder eigentlich nicht so mag, beschließen: "I love you all! And I wish you the best for the rest of your lives!"

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Donnerstag, 24. Oktober 2013
哑巴 Fast ohne Worte
Mein Schreibtisch im Lehrerzimmer

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Mittwoch, 25. September 2013
高兴 Schulische Freuden
Trotz dessen, dass ich Besuch aus Berlin und wenig Zeit habe, wollte ich euch das frisch eingetroffene Bild von meiner süßen 6a natürlich nicht so lange vorenthalten. Seht hier die braven Kinder auf der großartigen Dachterrasse der Schule, auf der es leider im Moment bei 30 Grad (eigentlich auch für Fotos) noch zu heiß ist:

Eine liebe Klasse und ihre (fast) nette Lehrerin
(Das Foto könnt ihr in besserer Qualität auch auf der Homepage der Schule betrachten. Geht dazu einfach auf http://www.pudong.ds-shanghai.de/index.php?id=2428 und klickt das Bild an.)

Und bevor ihr denkt, wir hätten gar keinen Spaß an dieser Schule, lasst euch eines Besseren belehren:

Nanu, was machen sie jetzt?

Und worin das wohl endet? - In einem besonderen Moment mit der mit Abstand nettesten (und auch sportlichsten?) Klasse der Schule!

Und wir koennen auch anders...

Vielleicht solltet ihr noch wissen, wie privilegiert ihr seid, diese Bilder sehen zu können - es wurde uns nämlich schlichtweg UNTERSAGT, unser sogenanntes "Spaßfoto" auf der Webseite zu veröffentlichen, weil unsere Gesichter darauf nicht werbewirksam (meine Interpretation) genug seien. Offiziell sind und bleiben wir also Langweiler, inoffiziell aber alle zu Recht enttäuscht von der PR-Politik der Schule.

Das Kollegiumsfoto hat der eine oder andere sicherlich schon im Shanghai-Ordner erspäht. Unter http://www.pudong.ds-shanghai.de/index.php?id=142 könnt ihr es euch auch noch ein wenig größer ansehen.

Seid herzlich gegrüßt von der nun eine Arbeitserlaubnis besitzenden Auswandererin!

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Sonntag, 8. September 2013
Romantisches auf der Kollegiumsfahrt nach Wuzhen
Bevor ich damit beginne, euch von meinem letzten Ausflug zu berichten, möchte ich ganz besonders pünktlich und von Herzen zwei Menschen zum Geburtstag gratulieren, meiner liebsten Mama und dem guten Marko, und viel 褔 fú (Glück) für das kommende Jahr wünschen.



Ein wenig Glück habt ihr schon, denn würdet ihr hier in China leben, wärt ihr gleich mindestens ein Jahr älter - hier nennt man nämlich immer die Zahl seines L e b e n s alters, und das schließt natürlich die Zeit im Mutterleib mit ein. (Manche Chinesen addieren sogar zwei Jahre - eine Erklärung hierfür ist in Arbeit.)

Während ihr in Deutschland einen herrlichen Spätsommer genießt, habe ich mit meinen neuen Kollegen einen verregneten Ausflug in eine kleine historische Wasserstadt in der Nähe von Shanghai gemacht. Dass Wuzhen im Regen am schönsten sei, das behauptet diese Dame hier:

Professionelle Fotografin mit selbstgebasteltem Regenschirmhut

Überprüfen konnte ich ihre Aussage leider nicht. Nebenbei bemerkt ist die Abgebildete Fotografin und hat sich aus diesem Grund selbst einen Hut aus einem Regenschirm gebastelt. Wie praktisch!

Wenn ihr euch nun fragt, wie man sich eine solche Wasserstadt eigentlich vorstellen kann, dann solltet ihr euch am besten den Bilderordner ansehen, in dem ihr die meiner Meinung nach schönsten Fotos findet - wenn auch in leider schlechter Blogqualität und wie immer in umgekehrter Reihenfolge. Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass Wuzhen komplett restauriert wurde und seitdem vornehmlich als Touristenmagnet dient. Außer den Hotelangestellten wohnen nur noch sehr wenige Chinesen im Stadtzentrum, und die auf den Bildern zu sehenden Menschen sind ausnahmslos Touristen. Wie auch auf diesem Bild, auf dem ihr meine chinesische Kollegin Lixin seht, wie sie dem Geräusch der Regentropfen auf den Blättern der Bananenbäume lauscht, das tatsächlich sehr viel tiefer und voller klingt als das auf kleinen Blättern.

Bananenbäume

Dass Chinesen recht romantisch veranlagt sind, wurde am gestrigen Abend wiederholt unter Beweis gestellt. Nach einem kurzen Stadtrundgang und einem sehr fleischlastigen Abendessen wurde der Lehrertruppe die schwierige Aufgabe gestellt, sich nach dem Wetten Dass...-Prinzip Wetten für die anschließende Party zu überlegen. Der allgemeine Unmut über dieses anspruchsvolle Abendprogramm und über die mangelnden Begabungen verflog sehr schnell, als wir die tief in uns verborgenen Talente entdeckten, meine Gruppe zum Beispiel ihr Gesangs- und Tanztalent. Wir wetteten, dass wir zu einem Schuhplattler ein chinesisches Liebeslied trällern könnten - und ja, wir haben die Wette gewonnen, trotz aller physischen Probleme! Da er so schön ist, möchte ich euch den Text des Liedes gerne vorstellen:

Ni wen wo ai ni you duo shen
Wo ai ni you ji fen
Wo de qing ye zhen
Wo de ai ye zhen
Yue liang dai biao wo de xin

You ask me how deep my love for you is,
How much I really love you…
My affection is real.
My love is real.
The moon represents my heart.

Seid bitte nicht enttäuscht, wenn ich euch Informationen zur Bedeutung des Mondes in China erst zum Mondfest in zwei Wochen nachliefere. Das Lied findet ihr übrigens auch im Internet, wenn auch das Hörvergnügen nicht so groß sein wird wie an jenem Abend im Hotel.

Sehr überrascht war ich übrigens über die Tanzwut meiner neuen Kollegen - kurz nach Ende des Spiels haben SÄMTLICHE Mitarbeiter die Tanzfläche erstürmt und nicht so schnell wieder verlassen. Und einen Schulleiter, der sich um die musikalische Untermalung des Abends kümmert, habe ich auch noch nie gehabt. Hier sind also nicht nur die chinesischen Sitten für mich neu, sondern auch die Gepflogenheiten des deutschen Kollegiums. Ich glaube aber, ich kann mich schnell daran gewöhnen.

Mit diesen Impressionen verabschiede ich mich von euch und wünsche euch ein ebenso bereicherndes, aber sonnigeres Wochenende! 晚安 Wǎn'ān!

Am Hotel

Sinnvoller Anhang:
Lena erklärte mir kürzlich, dass man damals, als es noch keine Geburtsurkunden gab, das Alter seines Kindes heraufsetzte, um es früher einzuschulen und in die Berufstätigkeit entlassen zu können. Auch sie denkt, dass sie nicht so alt ist wie auf ihrem Pass angegeben, und ich hoffe für sie, dass es sich dabei nicht nur um bloßes Wunschdenken handelt ;-)

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